Blumen und Tomaten

Blumen und Tomaten

Der Maler Hans-Gerhard Templin

Hans Gerhard Templin starb am 17. Juni 2022 sechsundachtzigjährig in Berlin in den Armen seiner Frau Gisela, wie sie mitteilte.

Den folgenden Artikel schrieb ich 2021

 

Der Maler Hans-Gerhard Templin

hat, inzwischen stolze 85 Jahre alt, eine virtuelle Ausstellung seiner Werke eingerichtet. Das Internet machts möglich. Und ist wohl doch ein demokratisches Medium. www.hgtemplin.de

Er und ich haben einige Zeit in der gleichen Stadt gewohnt, er viel länger als ich. Neubrandenburg, das muß man ohne zu beschönigen sagen, hat uns beiden in DDR-Zeiten einige Möglichkeiten zur Entfaltung gegeben.

Mir gefallen besonders die Landschaftsaquarelle. In ihrer Leichtigkeit lassen sie den Weg nicht spüren, dahin zu kommen. Erst wenn man genauer hinschaut, sieht man, alles “stimmt”, die lockere aber bestimmte Linienführung, die ausgewogene Komposition, der Klang eines großen Farbenspektrums - reich aber nicht bombastisch. Ich habe lange nichts von ihm gesehen – hier sehe ich eine fast unerwartete Reifung.

Aber die Zusammenstellung ist grundehrlich und nicht auf “Perfektes” reduziert. Hans-Gerhard, genannt Hanno, ist eher ein Kopfmensch. Und so spürt man in manchen Öl-Gemälden den Kampf um das “Richtige”. Man vergleiche den Akt “Liegende” von 1973 (Zeichnungen) – er hat wohl schon immer wie hier die Reduzierung auf wenige Linien, Schraffuren gesucht – mit den “Drei liegenden Akten I” von 2000 und ihre gewisse Schwere, trotz der Einbettung der Figuren in ein Farbenmeer (Tafelbilder).

Ich erinnere mich, wie er im Kampf um Optimierung gelegentlich – für meinen Geschmack – darin zu weit ging und manches im Zwischenstadium schöner war als am Ende, wo mir der Farbauftrag zu dick schien.

Eine schöne Balance scheint mir gefunden in “Bodemuseum Berlin ” von 2002 (Tafelbilder): Durchaus viel Farbmaterial, aber es bleibt dennoch impressiv und durchscheinend. Die giftgrünen Akzente, geradezu schrill gegen den zurückhaltenden Grundton, bringen eine leicht surreale Note ein, etwas von Expressionismus, ohne das Bild ins Aufschreiende zu kippen.

 

Hanno war nie ein “Malerfürst”. Er suchte kaum die Kunstrevolution – die fand nun einmal vor 100 bis 150 Jahren statt und ist so nicht wiederholbar. Er sah sich immer eingebettet in die regionale Kunstszene und die der DDR, die ja, wie der Westen es irgendwann erstaunt bemerkte, die klassische Moderne fortsetzte und variierte.

In seiner Vita kommen neben repräsentativen Einzel- und Gruppen-Ausstellungen auch solche in Arztpraxis, Bank und Krankenhaus vor. Wo eben auch Leute Kunst sehen, die keine Galerie besuchen.

Hanno experimentierte immer noch. Nicht wild und beliebig drauflos, sondern innerhalb seines Spektrums. Die Tafelbilder “Dichtermusen” und “Alptraum” finde ich schwächer, halb unfertig, half überreif. Und trotzdem gehört auch so etwas zu seinem Gesamtwerk und es ist gut, daß er es zeigt. Angenehm berührt mich aber auch, daß er sich auf eine Auswahl beschränkt und nicht mit Masse zu überwältigen versucht. Was er zeigt, ist vielfältig aber nicht beliebig.

Und: Es ist trotz großem Spektrum n i c h t “für jeden etwas dabei”.

Richtig gut gefallen mir die Hartmannsdorfbilder von 1993 (Tafelbilder). Ich meinte, hier seien Farbstifte am Werrk. Aber nein, es ist Öl, also Pinselauftrag. Doch es bleibt eine schöne Nähe zur Farbgrafik, ein grüner Grundklang wird farblich vielfältig variiert auf überall sichtbarer Weißgrundierung. Da ist sie wieder, die Leichtigkeit. Mit Sicherheit schwer errungen.