Der Puppenspieler Klaus Breuing ist tot
(* 2. Juli1951 in Wernigerode; † 8. Oktober2021 in Neustrelitz)
16. Okt. 2021
Er war gewissermaßen das Gegenstück zu mir: Keine wirkliche Puppenspielerausbildung – was er da an einigen DDR-Puppentheatern absolvierte, nannte sich nur so – und ein sehr überschaubares Repertoire, das hauptsächlich aus „Räuber Hotzenklotz“ bestand. Aber er war eine kaum übersehbare Persönlichkeit der Ostberliner Gegenkultur und Kneipenkünstlerszene, dessen Ruf sich erst nach der Wende richtig ausbreitete, sich aber bei der Legendenbildung wesentlich auf die Vorwendezeit bezog.
Die Ernst-Busch-Puppenspielabteilung lehnte ihn ab. Ich war in der Jury und fand wie die anderen, sein spezielles, uriges Talent sei nichts für ein jahrelanges Studium. Das habe ich ihm im persönlichen Gespräch übermittelt und er hat es mir nie verübelt. Bei Wikipedia werden bürokratische Ablehnungs-Gründe genannt, nunja...
Interessant, daß in einem kleinen Buch über ihn der studierte und lange an staatlichen Puppentheatern spielende und inszenierende Volkmar Funke sein freundschaftliches Gegenüber ist.
Jedenfalls schaffte er es auch so, schon, weil Puppenspieler gebraucht wurden. Die dann an Kunsttheatern mit Kindervorstellungen die Zuschauerzahlen ausglichen. So wie z.B. Breuing in Anklam, wo spätere Regiegrößen Schauspiele inszenierten, die nach der Premiere keine Zuschauer mehr fanden.
Der Puppenspieler, der Kneipenchef und der Lebe-Mensch Breuing gehörten zusammen und bildeten untrennbar eine Art lebendes Gesamtkunstwerk. Die bange Frage manchmal, ob er heute überhaupt spielen wird, gehörte ebenso dazu, wie die enorme Stimmung, die er verbreitete, wenn er es dann meistens doch tat.
Der Autodidakt hatte andererseits einige Jahre Gitarre studiert; was künstlerisches Handwerk ist, war ihm also durchaus bewußt. Vielleicht deshalb blieb er beim Kaspertheater für Kinder, in einer Zeit, als in den 70ern das DDR-Puppentheater zu Eigenem aufgebrochen war, aber in den 80ern die richtige Puppen-Avantgarde manchmal nur noch schauspielend stattfand.
Musiker, die in kleiner Formation oder Solo Erfolg haben, werden relativ selten als Argument für Orchesterauflösungen instrumentalisiert. Beim Puppenspiel liegt das näher. Hoffen wir, daß Klaus Breuing nicht dafür herhalten muß, anders ambitioniertes Puppentheater im Ensemble weiter abzubauen.
Breuings Berliner Kneipe mit Puppentheater „Lampion“ hatte schließen müssen. Seine Übersiedlung aufs Land erinnert mich an den Umzug der Charlotte von Mahlsdorf nach Schweden. Es waren wohl eher Abstiege.
Aber eine gewisse Position hatte er in Funkenhagen dann offensichtlich doch: Die große Zeitung „Nordkurier“ richtete ihm nach dem Tod eine Seite ein. Und die „Berliner Zeitung“, zum Genre Puppenspiel gemeinhin schweigsam bis ambivalent, veröffentlichte einen Nachruf.
(Biografisch Ausführlicheres auf Wikipedia)
PS: Auf facebook wurde eingewandt, auch Gitarre hätte er nicht studiert. Ich hatte mich auf Wikipedia bezogen. Zumindest hatte er offensichtlich eine relativ umfangreiche musikalische Ausbildung, anders als im Puppenspiel.