Blumen und Tomaten

Blumen und Tomaten

Moliers DON JUAN im Monbijoutheater


Den Stoff hatten einige in der Mache, einer der ersten war Moliere. Ich sah die Generalprobe mit eher wenigen Zuschauern, die aber freundlich bis amüsiert reagierten.

Es wird feurig und komödiantisch agiert, die eher episodischen Rollen, von nur drei Frauen gespielt, bekommen prägnante Kontur. David Regehrs graues, barock-morbides Bühnenbild - schließlich spielen der Tod und das Grab des Komturs eine Rolle - dient auch dem anderen diesjährigen Molierestück im Monbijoutheater. Multifunktionalität ist hier schon lange Prinzip. Ja, Beschränkung erzeugt manchmal Kreativität und sinnvolle Lösungen. In den zumeist angenehm historisch distanzierten Fantasiekostümen von Isa Mehnert & Heike Hartmann entfaltet Regisseur und Bearbeiter Wolfgang Michalek eine einfalls- und abwechlungsreiche Inszenierung. 
Deren Anfang und Ende - auch schon des Original-Stücktextes? - wirken ein bißchen wie lange Erklärungsversuche der nur scheinbar einfachen Komödie, so gehts erst nicht richtig los und hört dann nicht richtig auf. 

Der verdopplte Don Juan-Diener Sganarell kann so die Monologe lebendiger als Dialoge führen, seine Doppelung wird aber kaum schlüssig eingeführt, was eigentlich nicht allzu schwierig sein dürfte, zumal permanent comedyhaft-aktuelle Kommentare eingefügt werden, führt dann auch kaum weiter. Die beiden sind zunächst in T-Shirts eine Art Moderatoren, ziehen irgendwann Fräcke als Sganarelle an - und ändern sich überhaupt nicht. Müssen sie auch nicht, nur der Kostümwechsel irritiert leicht.  

Schwer hats wie in allen Varianten des Stoffes die Hauptfigur. Der Moral-Lesart vom zügellosen aber auch unglaublich anziehenden Verführer, der bestraft werden muß, mag man sich kaum anschließen, aber letztlich kann man sie nur abschwächen, die "geile Sau", die jede Frau kriegt, schiebt sich durch jedes Konzept-Konstrukt nach vorn. Auch wir von 2025 sind wohl immer noch so erfolgsorientiert, daß wir den Dauergewinner Don Juan immer nur sexualneidisch bewundern. Aber den Frauenverbraucher nicht wirklich ablehnen.

Don Juan kommt im so großen wie intimen Mon-Bijou-Theater den Zuschauern bei Beginn sehr nahe. Manch einer mag das - ich ziehe mich innerlich eher zurück. Das wirkte auf mich etwas, als wolle nicht der gespielte Charakter das Publikum auf seine Seite ziehen, sondern der Schauspieler. Das verlor sich später und Jonas Kling ist auf sehr unterschiedliche Weise dauerhaft präsent
Für eine Open-Air-Komödie über Liebe und Sex kommt es zu selten zur Sache. Nein, es fehlten keine Nackten und Sex-Szenen wie im Hochkulturtheater, wenn es auf Trash macht, aber wenn Bäuerin Charlotte (Rahel Ohm überzeugt in 4 Rollen) sich dem Verführer verweigert, entsteht nicht der Eindruck: Sonst kriegt er jede - aber das ist die Ausnahme. Bemerkenswert auch Magdalena Wiedenhofer, z.B. als Donna Elvira, durch ihre Eleganz schob sich gelegentlich die Bereitschaft zur Intrige hindurch 
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Ein enormes Plus des Ganzen ist JennyRebecca an E-Gitarre und Stimme. Genauer: StimmEN! Zwischen Soul und Belcanto. Zumeist Opernhits strukturieren den Ablauf und öfter, wenn die Dialoge über die Arien geführt werden, würde ich lieber weiter den Gesang hören. Auch wenn mir beim Komtur-Auftritt mit Mozart - es kommt aber statt dessen die brachial entrüstete Mutter, Rahel Ohm - das markante Auf und Ab der Streicher etwas fehlte. 
Ich würde der im Ganzen wirkungsvollen Inszenierung noch ein paar dramaturgische Straffungen wünschen, aber sicher spielt es sich ein. Und wirkt vor vollerem Rundtheater ab der Premiere sowieso noch knackiger.